Eines der ersten Ergebnisse von eROSITA war die Entdeckung eines extrem langen kosmischen Gasfilaments, welches das Galaxienhaufenpaar Abell 3391/95 verbindet. Weitere Untersuchungen dieses Abschnitts des Universums enthüllten andere Haufen, wie den Northern Clump Haufen, auf dem Weg entlang dieses Filaments[2]. Mit Hilfe ihrer Magneticum-Simulationen fanden ORIGINS-Wissenschaftler von der Ludwig-Maximilians-Universität München und dem INAF Astronomical Observatory of Trieste ein ähnliches Galaxienhaufensystem, eingebettet in das kosmische Netz und umgeben von einfallenden Galaxiengruppen[1]. Erstaunlicherweise zeigen sowohl die Beobachtungen als auch die Simulationen Anzeichen dafür, dass der einfallende Galaxienhaufen entlang solcher Gasfilamente immer schneller wird, um schließlich mit dem Galaxienhaufenpaar zu verschmelzen.
Anhäufungen in den großräumigen Strukturen
Die von eROSITA beobachtete Region um das Galaxienhaufenpaar Abell 3391/95 zeigt Anzeichen von zusammenballenden kosmischen Strukturen. In den Magneticum-Simulationen, fanden Dr. Veronica Biffi und PD Dr. Klaus Dolag ein sehr ähnliches Paar von Galaxienhaufen, die durch eine warme Gasbrücke miteinander verbunden und in ein längeres, dünnes Filament eingebettet waren. „Um diese Haufen herum fanden wir auch andere Strukturen, wie Galaxienhaufen und -gruppen, die ebenfalls durch Filamente verbunden sind und alle in Richtung des zentralen Knotens im Netz kollabieren“, erklärt Biffi. Mit Hilfe der Simulationen lassen sich in der Tat die zeitliche Entwicklung aller kosmischen Strukturen in dieser Region verfolgen. „Auf diese Weise konnten wir insbesondere eine Galaxiengruppe untersuchen, die zu einem Zeitpunkt in der Vergangenheit – vor drei Milliarden Jahren – dem von eROSITA beobachteten Northern Clump ähnelte", führen die Wissenschaftler aus. Damals befand sich die Galaxiengruppe etwa in der gleichen relativen Entfernung zum nördlichen Haufen, wie der Northern Clump jetzt von A3391 entfernt ist.
Bewegungsmerkmale von Galaxienhaufen deuten auf bevorstehende Verschmelzung hin
„Wenn wir uns die letzte Momentaufnahme des Systems in unseren Simulationen ansehen, können wir vorhersagen, dass es schließlich mit dem Galaxienhaufenpaar verschmelzen wird“, erklärt Biffi. Die Beobachtungsstudie des Northern Clump-Haufens enthüllte zudem Anzeichen dieser Bewegung: Der Haufen zieht zum Beispiel einen Schweif aus Materie hinter sich her. Dies deutet darauf hin, dass der Northern Clump sich mit hoher Geschwindigkeit entlang des Gasfilaments in Richtung der beiden Haufen A3391 und A3395 bewegt. In den Magneticum-Simulationen bewegen sich die zusätzlichen Strukturen, die das zentrale Galaxienhaufenpaar umgeben, ebenfalls mit hoher Geschwindigkeit auf dieses zu und zeigen sehr ähnliche Merkmale. Die Gasgeschwindigkeiten sind hoch, und ein Teil der Materie in der Gruppe wird analog zum Northern Clump ebenfalls abgebremst und schließlich abgestreift, sobald die Gruppe die Grenzen des nördlichen Galaxienhaufenpaars erreicht.
Beteiligte Institutionen und Finanzierung:
An der Studie waren mehr als 20 Wissenschaftler aus Deutschland, Italien, den USA und Australien beteiligt. eROSITA wurde mit Mitteln der Max-Planck-Gesellschaft und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt. Die aktuelle Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unter der Projektnummer 415510302 gefördert und vom Exzellenzcluster ORIGINS im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder – EXC-2094 – 390783311 unterstützt.
Publikationen:
[1] V. Biffi, K. Dolag, et al.: “The eROSITA view of the Abell 3391/95 field: a case study from the Magneticum cosmological simulation”
Kontakt:
Dr. Veronica Biffi
INAF - Astronomical Observatory of Trieste
via Tiepolo 11, Trieste, Italy
E-mail: veronica.biffi@inaf.it
PD Dr. Klaus Dolag
University Observatory of the Ludwig-Maximilians-Universität Munich
Excellence Cluster ORIGINS
Scheinerstraße 1, Munich, Germany
Tel: +49 (0) 89 2180 5994
E-Mail: dolag(at)usm.lmu.de