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ORIGINS PhD Awards 2023 für Elisabetta Bossio, Angelo Caravano und Thomas Pöschl

Der Exzellenzcluster ORIGINS vergibt in diesem Jahr ausnahmsweise drei Promotionspreise. Ausgezeichnet werden die herausragenden Arbeiten von Angelo Caravano von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) sowie von Elisabetta Bossio und Thomas Pöschl von der Technischen Universität München (TUM). Die Verleihung der ORIGINS PhD Awards erfolgte feierlich während der ORIGINS Science Week vom 03. bis zum 06. Dezember 2023 im Kloster Irsee.

Prof. Andrzej Buras, Prof. Stefan Schönert, Dr. Elisabetta Bossio, Prof. Stephan Paul und Prof. Andreas Burkert (von links nach rechts). Bild: ORIGINS

Dr. Angelo Caravano (auf dem Bildschirm) mit Prof. Hans Böhringer, Prof. Andreas Burkert und Prof. Stephan Paul (von links nach rechts). Bild: ORIGINS

Dr. Thomas Pöschl (auf dem Bildschirm) mit Prof. Wolfgang Dünnweber, Prof. Andreas Burkert und Prof. Stephan Paul (von links nach rechts). Bild: ORIGINS

Die ORIGINS PhD Awards werden einmal jährlich für herausragende Doktorarbeiten in den Bereichen Astrophysik, Kern- und Teilchenphysik sowie der Biophysik verliehen. Das Auswahlkomitee, unsere Cluster Emeriti, standen in diesem Jahr vor einer schwierigen Aufgabe: Unter den vielen Nominierungen befanden sich drei besonders beeindruckende Arbeiten, die in ihren Fachgebieten nachhaltige Spuren hinterlassen. Sie beschlossen daher – ausnahmsweise – alle drei Dissertationen auszuzeichnen.

Jenseits des Standardmodells

Die Dissertation „Beyond the Standard Model physics searches with double-beta decays“ von Dr. Elisabetta Bossio untersucht anhand des doppelten Beta-Zerfalls die Vorhersagen des Standardmodells der Teilchenphysik. Der Beta-Zerfall ist ein Prozess der schwachen Wechselwirkung bei dem sich ein d-Quark in ein u-Quark umwandelt (oder umgekehrt) und so aus einem Proton ein Neutron entsteht (oder umgekehrt ein Neutron aus einem Proton). Doppelte Beta-Zerfälle sind extrem seltene Prozesse, die sich bisher nur in 13 Atomkernen als Zwei-Neutrino-Doppel-Betazerfall nachweisen lassen konnten. Der Zerfall führt zur Emission von zwei Elektronen und zwei Antineutrinos. Falls Neutrinos ihre eigenen Antiteilchen sind – so genannte Majorana-Teilchen – könnte es zu neutrinolosen Doppel-Betazerfällen kommen. Eine Beobachtung dieses bislang hypothetischen Zerfallskanals, der im Standardmodell aufgrund seiner veränderten Leptonenzahl „verboten“ ist, wäre ein Nachweis für neue Physik jenseits des Standardmodells. Genau danach suchte Elisabetta Bossio in den Daten des GERmanium Detector Array (GERDA) an den Laboratori Nazionali del Gran Sasso (LNGS). Sie leitete mehrere Projekte, die sie als Haupautorin in renommierten Fachzeitschriften veröffentlichte. Dazu gehören die Bestimmung der Halbwertszeit des Zwei-Neutrino-Doppel-Betazerfall von 76Ge mit bisher unerreichter Genauigkeit und die erste Sensitivitätsstudie zur Suche leichter exotischer Fermionen in Doppel-Betazerfällen.

Dem Urknall auf der Spur

Dr. Angelo Caravanos Dissertation „Simulating the inflationary Universe: from single-field to the axion-U(1) model“ beschäftigt sich mit den ersten numerischen Simulationen der ersten bekannten Expansionsphase des Universums, der sogenannten Inflation. Die Theorie besagt, dass das Universum in den ersten Sekundenbruchteilen seiner Existenz eine Phase durchlief, in der es mit exponentiell wachsender Geschwindigkeit expandierte. Dadurch konnten mikroskopische Dichtefluktuationen, die aufgrund der Unschärferelation jedem quantenmechanischen System innewohnen, auf makroskopische Größenordnungen anwachsen. Diese Strukturen bildeten die Grundlage für die weitere Entwicklung des Kosmos, für die Verteilung der Galaxien, der Sterne in ihnen und damit letztlich auch für unser Sonnensystem und die Erde. Bisher wurde die Inflation

mit analytischen Modellen untersucht, die auf Näherungen und Interpolationen beruhten. Angelo Caravanos numerischen Simulationen der Inflationsphase schaffen eine Verbindung zwischen der Früh- und Spätkosmologie. Sie bieten eine neue und einzigartige Möglichkeit, die beobachtbaren Signaturen der Physik während der Inflation zu untersuchen und Rückschlüsse auf die Anfangsbedingungen kurz nach dem Urknall zu ziehen.

Ein Teleskop für kosmische Strahlen

Die Dissertation „Modeling of the Galactic cosmic-ray antiproton flux and development of a multi-purpose active-target particle telescope for cosmic rays“ von Dr. Thomas Pöschl handelt von der Modellierung der Produktion und Ausbreitung von Antiprotonen und Antikernen der kosmischen Strahlung in unserer Galaxie sowie der Entwicklung eines neuartigen Konzepts für einen Detektor, um diese im Weltraum zu messen. Kosmische Strahlung besteht aus hochenergetischen Teilchen, die vorwiegend aus Protonen – den Kernen des Wasserstoffatoms – bestehen. Kollidieren diese mit gewöhnlicher Materie wie Wasserstoff und Helium kann Antimaterie in Form von Antihelium-3-Kernen (zwei Antiprotonen und ein Antineutron) entstehen. Antihelium-3-Kerne könnten aber auch in Prozessen mit schwach wechselwirkender Dunkler Materie entstehen. Diese Antiheliumkerne unterscheiden sich von jenen, die aus Kollisionen mit kosmischer Strahlung entstehen, durch ihre niedrigere Energie . Allerdings haben die niederenergetischen Antihelium-3-Kerne einen extrem geringen Teilchenfluss und konnten bisher nicht nachgewiesen werden. Thomas Pöschl modellierte die verschiedenen galaktischen Antiprotonenflüsse und entwickelte ein neuartiges Konzept für einen besonders empfindlichen Detektor, der sie messen kann. Darüber hinaus konstruierte er Algorithmen, die es erlauben, die Teilcheneigenschaften aus dem Detektorsignal zu rekonstruieren.