Biopolymere, die aus verschiedenen Bausteinen bestehen, sind für lebende Systeme unverzichtbar. RNA, ein molekularer Faden aus vier Basen, bildet den Bauplan, anhand dessen Proteine aus Aminosäuren hergestellt werden. Diese Proteine wiederum treiben alle biochemischen Reaktionen in den Zellen an. „Das Leben, wie wir es heute kennen, ist eine komplexe Zusammenarbeit zweier Informationspolymere: RNA und Proteine. Die große Frage ist: Warum und wie haben sie sich zu Beginn des Lebens zusammengeschlossen, noch bevor die darwinistische molekulare Evolution begann?“, erklärt Dieter Braun, Leiter der Studie.
Ende der RNA-Welt-Hypothese?
Die Forschenden, deren Studie nun im Fachmagazin Nature Communications veröffentlicht wurde, konnten zeigen, dass die Bildung von RNA-Molekülen in Gegenwart von Aminosäuren um das bis zu Hundertfache zunahm. Dieser Prozess wird auf eine Form der Säure-Base-Katalyse zurückgeführt, die durch die Aminogruppe der Aminosäuren angetrieben wird. Bei einem alkalischen pH-Wert liegen Aminosäuren sowohl in neutraler als auch in negativ geladener Form vor, wodurch sie Protonen in der Polymerisationsreaktion transportieren können, die RNA aus Ribonukleosid-2′,3′-cyclischen Phosphaten bildet – ein präbiologisch plausibler Ausgangspunkt.
„Unsere Erkenntnisse schließen eine wichtige Lücke in unserem Verständnis der frühen Evolution. Bisher wussten wir, wie Proteine durch den katalytischen Mechanismus der RNA hergestellt werden, aber jetzt beginnen wir zu verstehen, wie die Bausteine von Proteinen auch zur Bildung von RNA beitragen können. Es ist eine gegenseitige Abhängigkeit zweier Kernkomponenten des Lebens, die unsere Sicht auf die molekularen Ursprünge des Lebens verändert“, sagt Saroj Rout, der Hauptautor der Studie.
Diese katalytische Fähigkeit von Aminosäuren, selbst in ihrer einfachsten Form und ohne in komplexe Proteine eingebaut zu sein, deutet auf eine klare funktionelle Rolle bei der Verstärkung der RNA-Bildung hin. Bemerkenswert ist, dass die Reaktion bei Raumtemperatur, mit mäßiger Alkalität und niedrigen Salzkonzentrationen stattfindet – Bedingungen, die für die langfristige Stabilität und Replikation von RNA günstig sind.
Alkalische Bedingungen wichtig für Entstehung des Lebens
Interessanterweise unterstützt derselbe erhöhte pH-Wert, der die Aminosäure-katalysierte RNA-Synthese erleichtert, auch die RNA-Templatierung, bei der kurze RNA-Stränge den Aufbau komplementärer Sequenzen durch Ligation steuern. Dies führt zu autokatalytischen Replikationsnetzwerken, die letztlich eine solide Grundlage für die darwinistische Evolution bilden.
Diese Ergebnisse unterstreichen laut den Forschenden die Bedeutung alkalischer Umgebungen, die in früheren Experimenten zur Entstehung des Lebens oft übersehen wurden. Ähnliche alkalische Umgebungen finden sich beispielsweise auf Vulkaninseln. „Unsere Befunde sprechen für eine Revision der RNA-Welt-Hypothese“, so Braun. „Sie zeigen, wie RNA und Aminosäuren in den frühen Stadien der Evolution zusammengearbeitet haben könnten, und bringen uns der Nachbildung der Unsere Befunde zeigen, wie RNA und Aminosäuren in den frühen Stadien der Evolution zusammengearbeitet haben könnten, und bringen uns der Nachbildung der ersten Schritte des Lebens im Labor näher.
Publikation: Saroj K. Rout, Sreekar Wunnava, Miroslav Krepl, Giuseppe Cassone, Judit E. Šponer, Christof B. Mast, Matthew W. Powner & Dieter Braun: Amino acids catalyse RNA formation under ambient alkaline conditions. Nature Communications 2025
News der Ludwig-Maximilians-Universität München
Kontakt:
Prof. Dr. Dieter Braun
Ludwig-Maximilians-Universität München / Exzellenzcluster ORIGINS
E-Mail: Dieter.Braun(at)physik.uni-münchen.de