Das Ergebnis: Die zur Bildung von Deuteronen notwendigen Protonen und Neutronen werden beim Zerfall sehr kurzlebiger, energiegeladener Teilchenzustände (sogenannten Resonanzen) freigesetzt und schließen sich dann zusammen. Dasselbe gilt auch für ihre Antimaterie-Gegenstücke. Die Erkenntnisse wurden im renommierten Magazin Nature veröffentlicht.
In den Protonenkollisionen am Large Hadron Collider (LHC) des CERN entstehen Temperaturen, die über 100.000-mal heißer sind als im Inneren der Sonne. Bislang war völlig unklar, wie so fragile Teilchen wie Deuteronen und Antideuteronen dies überhaupt überstehen können. Unter solchen Bedingungen sollten leichte Atomkerne wie das Deuteron – bestehend aus nur einem Proton und einem Neutron – eigentlich sofort wieder zerfallen, da die Bindung, die sie zusammenhält, vergleichsweise schwach ist. Trotzdem wurden solche Kerne immer wieder beobachtet. Nun ist klar: Rund 90 Prozent der beobachteten (Anti-)Deuteronen entstehen durch diesen Mechanismus.
Besseres Verständnis des Universums
Die TUM-Teilchenphysikerin Prof. Laura Fabbietti, Forscherin im SFB1258 und Projektleiterin am Exzellenzcluster ORIGINS, betont: „Unser Ergebnis ist ein wichtiger Schritt zum besseren Verständnis der ‚starken Wechselwirkung‘ – jener fundamentalen Kraft, die Protonen und Neutronen im Atomkern zusammenhält. Die Messungen zeigen klar: Leichte Kerne bilden sich nicht im heißen Anfangsstadium der Kollision, sondern später, wenn die Bedingungen etwas kühler und ruhiger geworden sind.“
Dr. Maximilian Mahlein, Forscher an Laura Fabbiettis Lehrstuhl für Dense and Strange Hadronic Matter an der TUM School of Natural Sciences, erläutert: „Unsere Entdeckung ist nicht nur für die Grundlagenforschung bedeutsam. Leichte Atomkerne entstehen auch im Weltall – etwa bei Wechselwirkungen von kosmischer Strahlung. Sie könnten sogar Hinweise auf die noch mysteriöse Dunkle Materie liefern. Mit den neuen Erkenntnissen lassen sich Modelle zur Entstehung dieser Teilchen verbessern und kosmische Messdaten zuverlässiger deuten.“
Weitere Informationen:
Das CERN (Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire) ist das weltweit größte Forschungszentrum für Teilchenphysik. Es liegt an der Grenze zwischen der Schweiz und Frankreich bei Genf. Herzstück ist der LHC, ein 27 Kilometer langer unterirdischer Ringbeschleuniger. Darin stoßen Protonen mit nahezu Lichtgeschwindigkeit aufeinander. Diese Kollisionen schaffen Bedingungen, wie sie kurz nach dem Urknall geherrscht haben – Temperaturen und Energien, die im Alltag nirgendwo vorkommen. Forschende können so untersuchen, wie Materie im Innersten aufgebaut ist und welche Naturgesetze dort gelten.
Unter den Experimenten am LHC ist ALICE (A Large Ion Collider Experiment) speziell darauf ausgelegt, die Eigenschaften der sogenannten starken Wechselwirkung zu erforschen – der Kraft, die Protonen und Neutronen in Atomkernen zusammenhält. ALICE wirkt wie eine riesige Kamera, die die unzähligen Teilchen, die bei jeder Kollision entstehen, genau verfolgen und rekonstruieren kann. Ziel ist es, die Bedingungen der frühen Sekundenbruchteile des Universums nachzuvollziehen – und dadurch besser zu verstehen, wie aus einer Suppe aus Quarks und Gluonen zunächst stabile Atomkerne und schließlich Materie entstanden sind.
TUM Pressemeldung
SFB1258 Pressemeldung
Publikation:
The ALICE Collaboration, “Observation of deuteron and antideuteron formation from resonance-decay nucleons”, Nature, 2025
Kontakt:
Prof. Dr. Laura Fabbietti
Technische Universität München / Exzellenzcluster ORIGINS
E-Mail: laura.fabbietti(at)ph.tum.de